Die heilige Glaubenstradition als apostolische Überlieferung

■ Als der hl. Apostel Paulus in seinem 1. Korintherbrief von der Einsetzung der hl. Messe und des hl. Altarsakramentes berichtet, verwendet er ja bekannterweise die folgende Formulierung: „Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe: Der Herr Jesus nahm in der Nacht, da Er verraten wurde, Brot…“ (vgl. 1 Kor 11,23-26). Neben den ersten drei Evangelien (nach Matthäus, Markus und Lukas) ist dies der vierte Bericht von der Einsetzung des Allerheiligen Altarsakramentes in den Schriften des Neuen Testaments.
Zwar ist hier natürlich die Rede vom Sakrament des Altares, aber Paulus spricht mit denselben Worten einen deutlich weiteren wesentlichen Themenbereich an – nämlich die grundsätzliche Frage nach dem elementaren Selbstverständnis der katholischen Kirche, sowohl liturgisch als auch glaubensmäßig als auch moraltheologisch unbedingt in unverbrüchlicher Treue zu den betreffenden Glaubenslehren der Apostel als den Augen- und Ohrenzeugen der betreffenden Worte und Taten Jesu Christi zu stehen! Damit ist das gesamte Prinzip der kirchlichen Tradition als der geheiligten Überlieferung angesprochen, welches zu den essentiellen Elementen und Grundpfeilern der von Jesus gestifteten Kirche gehört.
Denn die Apostel haben von Jesus sowohl die christliche Heilslehre vernommen als auch waren sie Zeugen Seiner betreffenden Heilstaten. Jesus trug ihnen dann auf, in die Welt hinauszugehen und alle Völker im Namen des Dreifaltigen Gottes zu taufen und sie alles halten zu lehren, „was Ich euch geboten habe“ (vgl. Mt 28,19f). Im Wissen um diesen besonderen und geheiligten Auftrag beschreibt Paulus dann auch den wesentlichen Auftrag des von ihm ebenfalls erhaltenen Apostelamtes entsprechend: „So betrachte man uns als Diener Christi und als Verwalter der Geheimnisse Gottes. Da verlangt man von einem Verwalter weiter nichts, als dass er treu befunden wird.“ (1 Kor 4,1f.) Also geht es hier um die Bewahrung und die unverfälschte Weitergabe des ursprünglich von Jesus erhaltenen Glaubenskerns, den man in der Kirche gern auch als Glaubensschatz bezeichnet.
Die Apostel haben diesen Glaubensschatz also von Jesus gepredigt und vorgelebt bekommen und somit zur treuen Verwahrung erhalten. Sie predigten dann ihrer eigenen geistlichen Herde und lehrten die Menschen keine anderen Glaubensinhalte als nur jene, welche sie selbst von Christus vernommen haben. Analog treu zur erhaltenen Glaubensüberlieferung verhielt sich auch diese Nachfolgergeneration der Apostel, die bei ihrer Glaubensvermittlung an die eigene nächste Generation ebenfalls bewusst keine Neuerungen erfinden, sondern den erhaltenen wesentlichen Glaubensschatz unter allen Umständen unbedingt frei von etwaigen menschlichen Beimischungen oder politkorrekten „Weisheiten“ des jeweiligen weltlichen Zeitgeistes weitergegeben wissen wollte!
Dasselbe Grundverhalten legte dann auch jede weitere Generation der katholischen Bischöfe, Priester, Eltern und Religionslehrern (jeder in seinem jeweiligen Zuständigkeitsbereich) an den Tag – in unbedingter Treue zum jeweils erhaltenen und zu allen Zeiten erfreulicherweise identischen Glaubensschatz und somit logischerweise ohne etwaige menschliche Beimischungen oder „Erfindungen“ in den fundamentalen bzw. entscheidenden Bereich des Glaubens, der Moral und der Liturgie hinein.
Auf diese und eigentlich nur auf diese Weise konnte dann auch gewährleistet werden, dass die Gläubigen der katholischen Kirche auch viele Jahrhunderte oder auch sogar auch zweitausend Jahre später denselben heilenden und erlösenden Glaubensschatz geschenkt bekommen konnten bzw. können, welchen die Apostel selbst von Jesus vernommen und an die eigenen Jünger weitergeleitet haben. Nicht umsonst trägt die Kirche ja das Attribut „apostolisch“!
Somit konnten und können Katholiken zu jeder Zeit und an jedem Ort auch an derselben Liturgie als dem eucharistischen Opfer und der Anbetung Gottes teilhaben als auch von denselben Heilmitteln, den von Jesus eingesetzten Sakramenten, geistig profitieren, welche nämlich ebenfalls die essentielle Grundlage der christlichen Offenbarungsreligion und somit der katholischen Kirche, der Kirche der Apostel, bilden! Es wird so sichergestellt, dass der Glaube in Bezug auf seine essentiellen Inhalte unverändert bleibt und jede Generation der Gläubigen sowohl denselben Glauben der Apostel überliefert als auch den erlösenden Anteil an denselben von Jesus zu unserem Heil eingesetzten Sieben Sakramente geschenkt bekommt. Alles andere hätte ja nicht Jesus zum Ursprung und würde somit nicht entsprechend wirken – es wäre lediglich ein armseliges Menschenwerk.
■ Kürzlich kam es bei mir zu einer Begegnung, die mir geradezu schlagartig diese zentrale Bedeutung der kirchlichen Tradition für das Selbstverständnis und Leben der Kirche vor Augen führte. Ich traf nämlich einen Menschen aus Ägypten, einen koptisch-orthodoxen Christen. Es kam zwischen uns zu einem intensiven Gespräch zu verschiedenen Themen der Christologie und Mariologie sowie über Fragen der christlichen Heilslehre. Zwar kamen dann auch einige Punkte zur Sprache, wo die Kopten es anders sehen als die Katholiken. Diese Unterschiede in den Ansichten wurden dann auch keinesfalls etwa in einer sich gegenseitig anbiedernden Weise unter den Tisch gekehrt (wie es die Modernisten leider oft tun), sondern sehr wohl sachlich und objektiv diskutiert.
Aber insgesamt fiel mir persönlich auf, wie geistig verwandt wir doch miteinander sind, wie nahe wir zueinander stehen, was sowohl die zentralen Aussagen des Glaubens angeht als auch das Grundverständnis der Kirche betrifft. Insbesondere einigt uns vom Prinzip her dieselbe Herangehensweise an die kirchliche Tradition bzw. ihr fundamentaler Wert für das Selbstverständnis der Kirche und der kirchlich denkenden Gläubigen.
Dabei muss man doch folgendes bedenken. Die Kopten trennten sich bereits Mitte des 5. christlichen Jahrhunderts von der Reichskirche des Ostens und des Westens – ihnen wurde nämlich im Jahr 451 auf dem Ökumenischen (d.h. Allgemeinen) Konzil von Chalcedon die Häresie des Monophysitismus vorgeworfen. (Die Monophysiten nahmen nämlich fälschlicherweise an, die menschliche Natur Jesu sei so stark von Seiner göttlichen Natur dominiert worden, dass sie von ihr praktisch „verschluckt“ wurde und somit bei Jesus praktisch nicht zum Zug kam. Wenn aber dem so wäre, würden sich ernsthafte Fragen bezüglich der Echtheit des Sühneleidens Jesu stellen. Die rechtgläubige Kirche betonte dagegen bzw. stellte auf dem Konzil feierlich fest, dass Jesus nicht nur aus zwei Naturen, sondern auch in zwei Naturen ist, wobei keine der beiden in der Person Jesu von der jeweils anderen wie auch immer unterdrückt gewesen wäre!)
Mit den uns hier im Westen als klassisch bekannten orthodoxen Kirchen der Griechen, Russen, Serben, Bulgaren, Rumänen usw. hatte die katholische Kirche praktisch mehr Verbindung. Da haben im Lauf der Jahrhunderte wiederholt sowohl Unionsgespräche unter Theologen stattgefunden als auch wurden einige Unionskonzile durchgeführt. Auf dem Konzil von Ferrara-Florenz überwand man sogar offiziell das Schisma und schloss im Jahr 1439 auch formal die Union miteinander, auch wenn diese leider nicht lang hielt (weil sie dann im Osten nicht angenommen wurde und die betreffenden griechischen Bischöfe daraufhin leider einen Rückzieher machten). Aber man kennt sich jedenfalls gut genug (wenigstens unter den Bischöfen und Theologen) und lebt auf demselben eurasischen Kontinent auch geographisch nachbarschaftlich.
Ägypten liegt dagegen in Afrika, dazwischen das Mittelmeer. Somit verlief die historische Entwicklung der koptischen Christen ein Stück unabhängiger von der katholischen Kirche des europäischen Westens – jedenfalls im Vergleich zu den orthodoxen Griechen! Zwar wurde auf dem Konzil in Ferrara-Florenz 1442 auch mit den Kopten eine Union geschlossen, die aber dann ebenfalls von deren Mehrheit nicht angenommen worden ist. Dennoch sind die Kontakte zwischen der Römischen Kirche mit den Kopten doch deutlich weniger häufig und stark gewesen als mit den Griechen.
Hinzu kommt, dass Ägypten wie Syrien und manche andere Gegenden des Nahen Ostens bereits im 7. Jahrhundert vom (ach so friedlichen und friedfertigen) Islam überrannt und im Lauf der darauffolgenden Jahrhunderte unterjocht wurde. Somit hatten die Kopten dann definitiv ganz andere Sorgen und Probleme essentieller Art, als jetzt unbedingt sozusagen Kontakt zur Westkirche, also zu den Katholiken in Zentral- und Westeuropa, zu suchen.
Angesichts einer mehr als 1560 Jahre langen praktisch getrennten geschichtlichen Entwicklung traf ich nun jenen koptischen Christen und war eben sehr beeindruckt von unserer generellen Glaubensnähe zueinander! Bis auf einige Unterschiede in Einzelfragen konnten wir bei unserem Gespräch dennoch ein Übereinstimmen in zentralen Glaubensaussagen feststellen. Ja, wir beide legten sogar ein analoges Grunddenken in Bezug auf den Glauben und das Selbstverständnis der Kirche an den Tag!
Da wird es einem umso mehr bewusst, welchen enormen Stellenwert das Prinzip der kirchlichen Tradition spielt! Denn sowohl die wahre katholische als auch die koptische Kirche halten daran fest, dass die Treue zur apostolischen Glaubensüberlieferung den unabdingbaren Grundstein bildet, auf welchem die Kirche als solche überhaupt leben, überleben und im Sinne Christi wachsen und reiche geistige Früchte bringen kann!
Diese geheiligte Tradition bildet gewissermaßen nicht nur die Hauptschlagader, sondern zeigt sich auch in den kleinsten Äderchen des kirchlichen Organismus, mit deren Hilfe das kostbare „Blut“ der Erlösung Christi sowohl zu jeder Zeit als auch bis zu den einzelnen Gliedern der Kirche gelangen und diese somit in der Gnade Christi sowohl erst zum Leben erwecken als auch dann überhaupt am Leben erhalten kann! Zerstört man aber diese Adern der Tradition, führt man nicht nur den geistigen Tod vieler Gläubigen herbei, sondern negiert prinzipiell auch die Kirche als die von Jesus Christus gestiftete Heilsinstitution, welche in ihren in Treue zum Glauben der Apostel stehenden Jüngern weiterlebt! Die 500 Jahre der protestantischen „Reformation“ sind dafür ein trauriges Gegenbeispiel – an die Stelle der göttlichen Inspiration und kirchlichen Bewährung tritt eine allzu menschliche Improvisation bzw. irdische „Weisheit“!
■ Zwei Tage nach dem besagten Treffen und dem Gespräch mit jener koptisch-orthodoxen Person hörte ich während einer Autofahrt im Radio auf einem Bayerischen Nachrichtensender einen Bericht zum Thema „Sport und Religion“. Unter anderem wurde da auch eine kurze Stellungnahme eines modernistisch-katholischen Pfarrers gebracht, in welcher er meinte, feststellen zu müssen, dass Sport und (die christliche) Religion viel Gemeinsames hätten. Was denn? Ja, das Christentum würde ebenfalls betonen, dass „der Mensch wertvoll“ sei.
Nun, was soll das heißen? Etwa die Banalität, dass die christliche Religion genauso zur körperlichen Fitness und Gesundheit des Menschen beitrage wie vernünftige sportliche Aktivitäten? Ist denn das rein diesseitige gesundheitliche Befinden des Menschen das letzte und eigentliche Ziel des Christentums? Und wo bleibt dann sowohl das übernatürliche Ziel des Menschen als auch das des Christentums? Der betreffende Pfarrer scheint da oberflächlich und populistisch etwas dahin gefaselt zu haben, was eine typische modernistische Verschwommenheit und Undefinierbarkeit darstellt, in jedem Fall aber ziemlich irreführend klingt.
Außerdem klingt der betreffende Kommentar jenes Pfarrers so, als ob im christlichen Glauben alles primär und hauptsächlich auf den Menschen fokussiert sei und nicht auf Gott. Natürlich gehört es zu den zentralen Aufgaben der Kirche, die Menschen zu Gott zu führen und ihnen dadurch ihre eigentliche Bestimmung in einer geistigen Gemeinschaft mit unserem Erlösergott aufzuzeigen. Aber dennoch ist das Christentum keinesfalls menschen-zentriert, als ob Gott da lediglich als Zeuge für die vermeintliche Großartigkeit und Erhabenheit des Menschen fungieren würde – wie es nämlich der betreffende Kommentar andeutet. Nein, der Kirche kann und darf es nur darum gehen, möglichst allen Menschen die Güte, Liebe und Barmherzigkeit Gottes nahezubringen und zu vermitteln, damit sie Ihn dann möglichst ebenfalls ehrlichen Herzens lieben und anbeten! Primär ist Gott groß und heilig – keinesfalls ist da der Mensch für sich allein und somit abgekoppelt von Gott, nach dessen Ebenbild er ja erschaffen worden ist, „wertvoll“!
Und wie soll es dann vor allem bitte gelingen, mit einem Menschen, der solche seltsamen und abwegigen Ansichten bezüglich der Hauptausrichtung der christlich-katholischen Religion besitzt, überhaupt ein analog tiefes und geistig bereicherndes Gespräch zu führen, wie es mit jenem koptischen Christen gelungen ist? Jener modernistische Pfarrer lebt (mit vielen seiner Gesinnungsgenossen in der „Konzilskirche“ und im Protestantismus) offensichtlich in einer ganz anderen Welt …und würde einen höchstwahrscheinlich überhaupt nicht verstehen, wollte man mit ihm eine solche Diskussion über christologische, mariologische und heilsrelevanten Themen führen, wie sie mit dem betreffenden Kopten erfreulicherweise stattfinden konnte.
Dieser Kontrast zwischen den entsprechend gemachten Eindrücken von den beiden Personen(gruppen) zeigt ganz anschaulich, wie nahe jemand auf der einen Seite an der Quelle des Heils bleiben kann und bleibt, wenn er vom Prinzip her am Grundsatz der kirchlichen Tradition als der geheiligten Überlieferung des apostolischen Glaubens festhält, und wie schnell und weit sich jemand auf der anderen Seite davon entfernt, der diesen Grundsatz absichtlich über Bord wirft und dies dann auch noch als eine herausragende Leistung ansieht! Auf der einen Seite stehen hier also mehr als 1560 Jahre Festhaltens am kirchlichen Traditionsprinzip als dem Grundstein der Kirche (gewiss mit der Ausnahme der Nichtanerkennung des Konzils von Chalcedon und manches andere!), und auf der anderen Seite reichten leider schon 50-60 Jahre an offiziell propagiertem und willentlich gefordert-gefördertem Grundübel des Modernismus, um letztendlich in irgendeiner Unterkategorie von Unglauben zu landen! Denn die tragische Verlagerung der hauptsächlichen glaubensmäßigen Fokussierung von Gott auf den Menschen bewirkt letztendlich nichts anderes als den Abfall vom wahren katholischen Glauben und zugleich folgerichtig auch die Zuwendung an eine menschliche Ideologie, die alle möglichen und noch so politkorrekten Inhalte, aber nur nicht die christliche Offenbarungsreligion in den Mittelpunkt stellt und fördern möchte, worauf es aber der Kirche Christi unbedingt ankommen muss!
■ Im Bereich der modernistischen „Konzilskirche“ verweist man gern darauf, dass Teile der „neuen Messe“ Pauls VI. den Texten der „Kirchenordnung“ des Hippolyt entnommen worden seien. Hippolyt war Anfang des 3. Jahrhunderts Priester in Rom und wegen seines an den Tag gelegten übertriebenen sittlichen Rigorismus kirchlich verurteilt. Im Jahr 217 ließ er sich zum Gegenpapst wählen. Allerdings verzichtete er später auf sein „Papstamt“ und versöhnte sich mit der Kirche. Da er aber dann in der Verbannung starb, wurde er daraufhin als Heiliger und Märtyrer verehrt.
Von ihm ist eben jene „Kirchenordnung“ überliefert. Sie stellt einen gewissen Einblick in die Kirchengebete jener Zeit dar. Wenn also der „Novus Ordo Missae“, welcher 1969 promulgiert und dann als der (reformierte) Römischer Messritus allgemein vorgeschrieben worden ist, einige seiner Teile jener „Kirchenordnung“ entnimmt, dann sei, so das Argument, der „Novus Ordo Missae“ sehr wohl in der Tradition der Kirche verwurzelt.
Nun, auch wenn diese „Kirchenordnung“ zweifelsohne eine wertvolle Quelle frühkirchlicher liturgischer Gebete darstellt, hat sie die katholische Kirche in der Folge bezeichnenderweise nicht zur Grundlage ihres tatsächlichen Messritus herangezogen. Lebendige Überlieferung in liturgischen Fragen bedeutet die Treue zu dem Ritus, der sich tatsächlich im Lauf der Jahrhunderte etabliert und durchgesetzt hat!
Als Papst Pius V. im Jahr 1570 den uns bekannten Römischen Messritus promulgiert hat, verbot er alle jene Riten, die damals jünger als 200 Jahre alt waren, und erlaubte alle jene Messriten, die eben älter als 200 Jahre waren und in irgendeiner Stadt oder Gegend praktiziert wurden. So gilt dies z.B. für den Mozarabischen und den Mailänder Messritus, die in der vorkonziliaren Kirche an einzelnen Orten in Spanien bzw. in der Stadt Mailand zelebriert wurden.
Bezeichnenderweise hat sich aber ein sog. Hippolyt-Ritus (in Entsprechung zu jener „Kirchenordnung“ nämlich) nirgendwo erhalten bzw. wurde in keiner Gegend oder Stadt der westlichen Kirche überliefert. Somit ist er logischerweise auch zu keinem Teil der lebendigen Tradition der Römischen Kirche geworden! Und es wäre dann ebenso nicht im Sinne der Kirche bzw. gegen ihr Verständnis der lebendigen Tradition, wenn man einen tatsächlich praktizierten Messritus zurückdrängen und sogar verbieten würde, um an seine Stelle fast 2000 Jahre später künstlich einen neuen Ritus zu schaffen, auch wenn dieser einige Stellen aus jener „Kirchenordnung“ des Hippolyt entleihen sollte. Genau dies geschah aber im Jahr 1969 bei der Entstehung der „neuen Messe“ Pauls VI.! (Zumal da nur das sog. „zweite Hochgebet“ Stellen aus jener „Kirchenordnung“ enthalte. Daneben wurden aber auch noch zwei andere „Hochgebete“ geschaffen und z.B. auch der wichtige Teil der Opferung neu kreiert!)
Sogar wenn ein solcher Ritus völlig rechtgläubig wäre, was der „Novus Ordo Missae“ aber keinesfalls ist, würde auch eine solche „Neuschöpfung“ einen klaren und unmissverständlichen Bruch mit der lebendigen Tradition der Kirche darstellen. Denn die Aufgabe der Kirche besteht niemals in immer und immer wieder neu zu bewerkstelligenden „Kreationen“ von Messriten (die Kirche hat nichts mit der Modebranche zu tun!), sondern in der treuen Weitergabe dessen, was von und in ihr von Generation zu Generation überliefert worden ist und sich somit im Gebetsleben als apostolischen Ursprungs erwiesen hat! Darin kann man auch das Wirken des Hl. Geistes sehen!
Zumal die lebendige Tradition der Römischen Kirche bereits tatsächlich einen solchen Messritus kannte und kennt, der seit ältesten Zeiten über alle Jahrhunderte hindurch tagtäglich gefeiert worden ist und somit über jeden Zweifel erhaben den Ehrenplatz des Apostolischen Römischen Messritus einnimmt! Wenn man z.B. das Sacramentarium Gregorianum liest, eine Sammlung von Messgebeten, welche nämlich jedenfalls zur Zeit des Pontifikats von hl. Papst Gregor dem Großen (590-604) in Rom im liturgischen Gebrauch gewesen sei muss, ist man ergriffen festzustellen, dass dort (vom Sanctus bis zum Agnus Dei) praktisch derselbe Ritus fixiert worden ist, wie er dann vom hl. Papst Pius V. promulgiert worden ist und wir ihn als den überlieferten Römischen Messritus kennen!
Sogar auch die im betreffenden Sacramentarium Gregorianum für viele Sonntage des Kirchenjahres angeführte jeweilige Oratio, Secreta und Postcommunio sind mit den betreffenden Messteilen identisch, wie wir sie von dem uns bekannten Römischen Messbuch her kennen. Das ist wirklich eine echte lebendige Tradition und geheilige Überlieferung der Kirche, dass wir heute bis auf die sich ändernden Teile der hl. Messe genau dieselben liturgischen Gebete verrichten können und dürfen, mit deren Gebrauch seit so vielen Jahrhunderten ganze Generationen der Römisch-Katholischen Kirche Gott das höchste Lob- und Sühnopfer dargebracht und Fortschritte im Prozess der Selbstheiligung gemacht haben! Derweil heißt es keinesfalls, dass der betreffende Messritus erst zu Zeiten des Papstes Gregor des Großen entstanden sei. Nein, im Sacramentarium Romanum ist lediglich schriftlich fixiert und überliefert worden, was in der Kirche in Rom seit bereits einer ganzen Weile zuvor als der übliche Messritus galt und bei den regelmäßigen Messzelebrationen verwendet worden ist. Somit kann heute seitens eines römisch-katholischen Katholiken die Treue zur Tradition auch nur beim Festhalten an diesem überlieferten Messritus gelebt werden!

 

P. Eugen Rissling

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